Der
Titel weckt Assoziationen an Salman Rushdies umstrittenen Roman und Karl Kraus'
lyrisches Werk "Worte in Fersen". Vielleicht auch ein bloßes
Wortspiel, obwohl man bei Kraus (Rudolf diesmal) stets auf den Hintersinn
gefasst sein sollte.
(...)
Konzentration
und Präzision charakterisieren viele dieser lyrischen Texte, nicht nur aber
ganz besonders in den Haiku, die Kraus nur Dreizeiler nennt, wohl um sich von
den inhaltlichen Beschränkungen der japanischen Form zu lösen. Denn bei Kraus
ist die Aussage nicht in zen-buddhistischer Weise in der Naturbetrachtung
verborgen, sondern kommt direkt zur Sprache:
gestern
lachte ich / dazwischen lag nicht sehr viel / heute bin ich stumm
Wolfgang Ratz in Buchkritik.at
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Rudolf
Kraus:
Die
satanische Ferse. neue sprachminiaturen, wortbilder und dreizeiler.
Resistenz-Verlag, Linz - Wien 2003. 69 Seiten.
„neue
sprachminiaturen, wortbilder und dreizeiler" werden am Buchumschlag angekündigt.
Rudolf Kraus ist ein Erfinder interessanter, überraschender Titel, und er
weigert sich beharrlich, seine Lyrik Gedichte zu nennen. Dichtung ist es
jedenfalls, was sich hier aus Worten zusammenfügt, was an Worten
zueinanderfindet und sich verbindet wie ein für alle mal, wie untrennbar. Er
faßt sich immer kurz, obwohl er ein „hin und wieder plappermaul" ist
und bekennt „zungenschlag / war schneller / als der gedanken / flügelschlag
...". Seine Redefreudigkeit ergießt sich nicht in die Breite, spitzt
sich lieber zu, damit vieles auf kleiner Fläche Platz hat. Vielleicht auch um
ein Instrument zu haben, womit man verletzen kann, am besten sich selbst.
Und
wovon ist die Rede? Die satanische Ferse ist wohl oft eher eine achilleische,
darauf weisen nicht nur die „waidwunden gesänge" hin. Der Autor dreht
sich auch häufig auf seinen Versen um, vom poetischen Bild zum trivialen.
Letzteres malt er nicht aus, setzt es bloß als punktuellen Akzent ins Bild,
ein komplimentärer Farbtupfer. (arabische trilogie II „mittagsstunde /
friede der erschöpfung / nur der wind wagt sich durch die sengende hitze /
die zikaden brüllen ihr lied hinaus / schnatternd und schrill / und plötzlich
still / selbst die fliegen / wirken matt / trotz der fetten touristenbeute"
...) So landet die Ferse immer wieder auf dem Boden, wie schön sie auch ein
Wort zuvor noch getanzt haben mag. Bei ihm gibt es „heiße ecken im schnee",
heiß und kalt vermischen sich nie zu warm.
Wir
folgen dem Autor gern „auf fremden wegen", in die Wüste oder ins
Waldviertel, an die Piesting oder Seine. Alles kann fremd oder vertraut sein,
wenn das Hineinschauen und -horchen jene lebendige Intensität annimmt, die
ein Wiedergeben verlangt.
Was
sind Wortbilder? Das sind nicht Malereien mit Wörtern. Eher ist es ein Wörtlichnehmen
der Wörter, wodurch die Sprache ihre Weisheit zeigt. Als geübter Verfasser
von Haikus und anderen strengen Formen ist ihm der Rhythmus der Sprache ein
Anliegen, das keine Ungenauigkeiten duldet.
Kraus
hat Humor, er ist auch ein amüsanter Wortbildmaler und Sprachminiaturiste.
Seine Gedichte sind keine Hängematten, in denen man sich wiegen kann, wenn es
auch manchmal ein paar Zeilen lang so aussieht. In der nächsten Zeile liegt
man draußen, verblüfft und betroffen.